Prolog – alles nur eine Frage der Zeit . . .

„Wolfgang, könntest du vielleicht ein paar Fotos machen?“

Der geneigte Leser kennt das bestimmt: was in der Jugendzeit mit Leidenschaft betrieben wird, findet oft umständehalber ein jähes Ende.
Man wird erwachsen, Studium und Berufsausbildung stehen im Mittelpunkt, eine Familie wird gegründet. Es gibt keine Dunkelkammer mehr, wenig Geld, kaum Zeit. Ein Ausflug in die Diafotografie bleibt unbefriedigend und verläuft bald im Sand. Fotografische Ambitionen beschränken sich auf den, gleich in doppelter Ausführung geschenkten Nachwuchs.

Wie man sich leicht vorstellen kann, gibt es bei Zwillingen reichlich Gelegenheit, Geburtstagsfeiern und Sandkistenspiele, Christkindlaugen, erste Schwimmversuche und Turnvereinsfeste, Vorspielabende und Nikolausbesuche dokumentarisch festzuhalten.
Die Papierbilder werden mit Freude ausgiebig betrachtet und sodann im Kuvert des Ausbelichters in der Schublade einer alten Kommode versenkt – dort ruhen sie heute noch in ausgedienten Bonbonschachteln und warten darauf, endlich in schöne Alben eingeklebt zu werden.

Und dann steht in der Familie eine Hochzeit ins Haus und einer sagt völlig unerwartet:
„Wolfgang, könntest du vielleicht ein paar Fotos machen?“

Plötzlich hat mein Mann eine digitale Spiegelreflexkamera in der Hand. Es ist eben alles nur eine Frage der Zeit.

Dieser Fotoapparat hat keinen Film mehr, der eingelegt werden muss, stattdessen steckt im Inneren ein Winzling von Speicherkarte mit schier unglaublicher Bildanzahl. Diverse Aufnahmemodi gibt es da, die auch alles alleine machen können, wenn man das so will. Mit einem einzigen Zoom-Objektiv werden die Brautleute beim Tausch der Ringe, Tanten und Onkel, Schwiegermütter und Schwiegerväter, Cousinen, Nichten und Neffen, ja wird die ganze verwandte und nunmehr verschwägerte Hochzeitsgesellschaft ins rechte Bild gesetzt.

Ich ahne es schon – es dauert nicht lange – die erste digitale Spiegelreflexkamera kommt ins Haus, zeitgleich mit dem jüngsten Familiennachwuchs.

Fanni + Fiffi

Was liegt näher, als die herzigen und überaus geduldigen Miezen für erste Testaufnahmen vor die Kamera zu bitten?