Geschichten aus Afrika 6 – Baobabs + andere Aufregungen

die berühmten Baobabs in den Salzpfannen des Nxai Pan NP

Sonntag, 21. April: Noch immer sind wir ganz bezaubert von der Begegnung mit dem jungen Löwen. Aber – dass wir das Löwenrudel zunächst nicht bemerkt haben gibt uns zu denken. So was aber auch, man muss wirklich aufpassen. Diese Großkatzen sind mit ihrer Fellfarbe im vertrockneten Savannengras einfach bestens getarnt. Wir nehmen uns vor, künftig noch vorsichtiger zu sein.

Wieder zurück auf der Hauptroute, obwohl auch hier stellenweise tiefer Sand die Spur erschwert, erreichen wir das Gate. In der Folge ein kurzes Stück auf der Asphaltstraße nach Osten, dann finden wir schon das Entrance Gate in den Nxai Pans Nationalpark, der berühmt ist für seine Baobabs, riesige, uralte Bäume. Lebo, ein freundliches Mädchen im Office heißt uns herzlich willkommen.

Vor der Türe liegt ein Elefantenschädel von beachtlicher Größe. An der Wand im Büro informiert eine Karte über diese Region mit Blick von oben, der gekrümmte Boteti River und die weißen Salzpfannen sind gut zu erkennen.

Die Einfahrtsstraße in den Nxai NP ist lang und mühsam. Im tiefen Sand kommen wir nur langsam voran, und Wolfgang ist sich auch nicht sicher, ob der weitere Weg über die Salzpfannen schon sicher zu befahren ist. Mitten in der Pfanne in tiefe, nicht sichtbare Wasserlöcher einzubrechen und festzustecken – das müssen wir nicht erleben . . .

Also müssen wir einen längeren Umweg nehmen, um die berühmten Baobabs zu besuchen. Nach zwei Stunden erreichen wir endlich die Salzpfannen. Wir sind nicht die einzigen Besucher dieser vertrockneten, öden Landschaft.

Auf einem Stellplatz unter riesigen Baobabs richten wir uns für die Nacht ein. Diese Bäume strahlen Ruhe, Kraft, und einen unglaublichen Überlebenswillen aus. Ich verstehe, dass der englische Maler Thomas Baines von ihnen fasziniert war. In vielen Bildern, die er Mitte des 19. Jhdts. während der Kolonialzeit gemalt hat, sind die Baobabs für immer festgehalten. Und ich finde es aufregend unter einem Baum zu schlafen, der einem Maler vor über 150 Jahren schon als Inspirationsquelle für seine Werke gedient hat.

Montag, 22. April: dieser Tag wird ein aufregender Tag – aber, als wir von unserem romantischen Schlafplatz unter den Baobabs aufbrechen, wissen wir das noch nicht.

Wir wollen auch den nördlichen Teil des Parks besuchen, und zunächst bei einem Wasserloch halten, um die dort angeblich zahlreichen Elefanten zu beobachten.
Es heißt ja, Tiere wollen nicht gestört werden, wollen keinen vom Menschen gemachten Lärm, und Elefanten wollen schon gar keinen Lärm. Vorallem Elefantenmütter können sich und ihre Kleinen da schnell bedroht fühlen und entsprechend aggressiv reagieren.

Also, nach zwei Stunden erreichen wir unser Ziel. Die letzten Kilometer der Piste sind bestückt mit Elefantendung, nun am Wasserloch angekommen, freuen wir uns, dass so viele Tiere da sind.

Wir stellen uns möglichst nahe, und – Motor aus.
Welche Freude, die Dickhäuter so nah beim Plantschen, Rangeln, und Gatschwerfen beobachten zu können.
Als die Hitze im Auto unerträglich wird, und da das grelle Sonnenlicht sowieso nur mehr knallt, wollen wir es gut sein lassen.

genug der Elefanten, genug fotografiert, wir wollen weg – aber . . .

. . . aber der Motor springt nicht an. Er springt nicht an, er springt einfach nicht an. Wir sitzen in unserem überhitzten Auto, inmitten einer Elefantenherde, draußen hat´s 43° Grad, und der Motor springt nicht an.

Panik ist immer ein schlechter Ratgeber, und Fluchen und Schimpfen hilft auch nicht, also was tun?

Nachdenken ist immer gut. Wir erinnern uns an den nicht anspringenden Motor in Zeerust, knapp vor der Grenze nach Botswana. Wolfgang sammelt sich rasch wieder. „I probier´s wieder mit an Reset, dann wird er scho kemma!“

In einem günstigen Moment öffnet er die Verriegelung der Motorhaube, steigt aus, schleicht langsam nach vorne, macht die Haube auf, und klemmt so rasch wie möglich die Batterie ab.

Wieder rein ins Auto – passt – gut gemacht. Jetzt nur ein bisschen warten, dann wieder anklemmen – starten – alles wird gut.

Ja, so könnte es gehen – es geht aber nicht. Hartnäckig verweigert der Starter seinen Dienst. Das Reset hat nichts gebracht.

Also wird jetzt unser Chefmechaniker eine Lösung finden müssen. Wolfgang greift zum Satellitentelefon.
„Christian, servus. Wir habn scho wieder des Problem, dass der Motor net startet. A Reset hat diesmal nix bracht, und die Batterie is a net laa. Hast a Idee?“
Die Antwort tönt prompt und deutschlandsbergerisch wie es nicht steirischer klingen kann:

„Jo sicha, Wolfgang, pass auf. Zerscht schlagst amal de Radln ganz nach rechts ein. Dann legst di zum linken Vorderradl, greifst eini in Radkasten. Do gspierst a Abdeckung. Die tuast oba, greifst eini, da san zwoa Dräht, ana is rot, da andane schwarz. An den schwarzn klemmst an Draht, des andane End klemmst dann an die Batterie. Wannst des so tuast, kemmt a sicher – da Motor!“

steirische Ratschläge – inmitten einer afrikanischen Elefantenherde . . .

Na bitte – der Mann hat Nerven. Inmitten einer Elefantenherde soll sich der Mauserich jetzt auf den Boden legen um sein störrisches, mit spinnerter Elektronik bestücktes Vehikel wieder zum Starten zu bringen.

„Wolfgang, tuat ma leid, a andane Idee hab i net. Es kann nur so geh´n wia i gsagt hab.“

Also – das Satellitentelefon wieder zurück in die Halterung.

Was jetzt? Wir trauen uns nicht aus dem Auto raus. Die Rangerstation kann laut Karte nicht mehr weit weg sein, aber einfach aussteigen und losmarschieren erscheint uns zu gefährlich, mit Elefantenmüttern und ihrem Nachwuchs ist nicht zu spaßen.

Also warten, warten, eine gefühlte Ewigkeit lang, und hoffen, dass doch irgendjemand vorbeikommt der uns abschleppen kann. Gott sei Dank ist die Straße in Sichtweite, irgendjemand muss ja mal hier vorbeifahren.

Endlich humpelt ein Safariauto die Straße entlang. Ein paar Meter Freiraum hab ich, also nix wie raus und den Wagen aufhalten. Die paar Touristen auf den offenen Bänken stellen mir neugierig Fragen, was denn passiert ist, was denn los ist, warum halte ich ihr Auto auf – wow – das klingt ja nach Abenteuer . . .

Na, ich hab genug von diesem Abenteuer, und nach viel Plauschen ist mir auch nicht mehr. Der Fahrer versteht sofort, wendet, und bringt mich die letzten paar hundert Meter weiter zur Station. Ich bin dem Mann so dankbar.
Der Fahrtwind im offenen Safariwagen kühlt mir ein wenig den Kopf.

Die prompte Hilfsbereitschaft der drei Männer, die auf der Station nach dem Rechten sehen, ist grenzenlos. Ich erkläre ihnen unser Problem, sofort werfen sie ihren Wagen an und heißen mich einzusteigen.

Wir fahren zum Wasserloch – sie schleppen uns ab, legen sich unters Auto, und nach Stunden mühevoller Arbeit, instruiert von steirischen Anweisungen via Satellitentelefon, gelingt die komplizierte Verkabelung.

Der depperte Motor springt endlich an.

eigentlich hätten wir für diesen Tag genug Aufregung gehabt, aber . . .

. . . da geht noch mehr. Zunächst – nichts wie weg. Über 60 Kilometer tiefe Sandpiste hinaus aus dem Nationalpark, und dann auf der Hauptstraße nach Osten Richtung Gweta. Die Zeit drängt, es wird bereits dämmerig, schon bald wird es dunkel sein. Die vielen Schlaglöcher auf der A 3 lassen kein flottes Tempo zu, das angestrengte Vorausschauen, Wagen Verreißen, Abbremsen und Beschleunigen trägt nicht gerade zur Entspannung bei.
Es ist stockfinster als wir endlich am Campground der Lodge ankommen. Mit zwei Bier und einem guten Essen im Restaurant lässt die Spannung endlich nach.

Wir sind fix und fertig. Ich wage nicht daran zu denken, was geschehen wäre, hätte der Starter am Vortag bei dem Wasserloch mit den Löwen seinen Dienst verweigert. Dort kommt nämlich ganz sicher kein Safariauto vorbei.

Als wir nach dem Essen wieder zum Auto kommen, ist der Strom im Canopy weg. Keine Wasserpumpe, kein Kühlschrank, alles tot, die Batterie komplett leer. Die Moral für diesen Tag endgültig im Keller.