Sakrale Kunst – schauen lernen und entdecken . . .

Sakrale Kunst ist einfach so, nicht wahr?

Sakrale Kunst ist beeindruckend. Sei es in der Musik, in der Architektur, in der Malerei und der Bildhauerei, in allen Bereichen der bildenden Kunst. Die Ars sacra der römisch-katholischen und orthodoxen Christen vermittelt der gläubigen Gemeinschaft in eindrucksvoller Weise die biblische Geschichte, also führt sie uns die christlichen Glaubensinhalte nachdrücklich, oft mahnend, manchmal sogar drohend vor Augen.

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Sakrale Kunst sorgt dafür, dass auch der, des Lesens Unkundige sehr anschaulich von der Allmacht Gottes erfährt, und natürlich auch von der Mächtigkeit seiner irdischen Vertretung – des Klerus.

Der geneigte Leser wird mir zustimmen: es spielt wirklich keine Rolle, wo, wann, und zu welcher Gelegenheit man eine Kirche betritt, diese Botschaft wird verstanden . . .

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Das Taufbecken – im beeindruckend festlichen Rahmen für die Aufnahme eines Kindes in die christliche Gemeinschaft.

Die Orgel – ein Instrument, das mit seiner Größe, Klangvielfalt und seiner Tonstärke jener Baustein einer Kirche ist, der die Macht Gottes und seiner Vertreter auch hörbar macht. Man stelle sich vor, wie Anton Bruckner der Allmacht Gottes huldigte, als er – der ein bekanntermaßen ehrfürchtiges Verhältnis zu seinem lieben Gott hatte – anlässlich der Trauung der Kaisertochter Marie Valerie im Jahr 1890 auf eben dieser Orgel G. F. Händels „Hallelujah“ erklingen ließ.

Sakrale Kunst – Schönheit ohne Schwere . . .

. . . und frei von christlichem Gedankengut, von biblischen Inhalten, und losgelöst von mahnenden Botschaften, deren Ziel es ist, den Glauben zu festigen und zu vertiefen. Sakrale Kunst darf auch aus anderer Perspektive gesehen werden, um ihrer selbst willen empfunden werden und uns beeindrucken. Als Schöpfung eines Menschen, der mit seiner Idee, seiner Vorstellung von ihrer Verwirklichung, und oft auch in eigenhändiger Fertigung ein ästhetisch anspruchsvolles Werk schaffen will.

Im Bemühen um eine umfassende Bildgestaltung unseres Buches „Die Traun“, und dem Versuch, mit meinen Bildern neben der Landschaft auch die sakrale Kunst entlang des Flusses auf seinem Weg vom Ursprung bis zur Mündung in die Donau gebührend zu würdigen, habe ich gelernt, sakrale Werke auch aus dieser anderen Perspektive zu betrachten. Der Blick durch das Auge der Kamera hat mich vor allem in Nahaufnahmen so manchen Schatz finden lassen.

Eigentlich müssen wir uns nur ein wenig Zeit nehmen, das Detail suchen und genauer hinschauen, um das Besondere zu entdecken.

Sakrale Kunst in der Architektur – Entwurf, Konstruktion und Gestaltung von Raum
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Dieses Refektorium (der Speisesaal eines Klosters) ist lichtdurchflutet, der Raum strahlt Wärme und Geborgenheit aus, ganz bestimmt ein freundliches Willkommen an die Ordensbrüder, sich hier zu erholen. Der helle Holzboden mit seiner kostbaren Einlegearbeit harmoniert mit den zarten, unaufdringlichen Farben der Wand- und Deckenmalerei. Etwas Gold an den Wandpfeilern sorgt für edlen Glanz. Getragen von perfekter Symmetrie formen sich alle Details zu einem einzigartigen Ganzen.

Dieser Raum ist ein wunderbares Beispiel höchst ästhetischer Baukunst – auch ohne gewichtige Botschaft, nicht wahr?

Hat man es erst versucht, die Symbolik der göttlichen Allmacht hinter sich zu lassen, kann man sich hemmungslos der Freude hingeben, die Schönheit sakraler Kunst für sich zu entdecken – befreit von jeglicher Schwere.

Das große Ganze – sakrale Kunst im weiten Winkel . . .
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Das Sternrippengewölbe einer dreischiffigen spätgotischen Hallenkirche. Was für eine ungeheure Herausforderung an die Statik, um dem Streben der Gotik nach Höhe und Licht gerecht zu werden, wie beeindruckend schön ist die sich zwangsläufig ergebende Symmetrie der Raumgestaltung.
Auch wenn diese Kirche nicht die Dimensionen einer Kathedrale von Amiens oder des Stephansdoms in Wien hat, sie ist, wenn auch eher schlicht gehalten, ein Beispiel sakraler Baukunst des 15. Jahrhunderts in höchster Vollendung.


Das Deckenfresko eines unbekannten Meisters, vollendet im Jahr 1779.

Es zeigt Gottvater mit der Weltkugel, den Heiligen Geist in Gestalt der Taube, und das Kreuz Jesu Christi, umgeben von einer Schar bezaubernder Engel.

1960/61 wurde dieses Fresko im barocken Stil sorgfältig restauriert. Die unaufdringlichen Farben und die zarte Rahmengestaltung stehen in wunderbarem Einklang mit der bescheidenen Raumgröße einer Kalvarienbergkirche.

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Die Zahl Drei als einzig bestimmendes Element. Sakrale Kunst in der Architektur zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit. Folglich konsequent umgesetzt im Grundriss der Kirche, der Form der Außenfassade und gleichermaßen in der üppigen, farbenprächtigen Gestaltung des Innenraumes.
In schwindelnder Höhe ein Kuppelfresko von Carlo Carlone aus dem Jahr 1724.


Auch wenn gebaute, sakrale Kunst und die architektonischen Leistungen ihrer Schöpfer uns beeindrucken, kann man – wie schon zuvor erwähnt – leicht übersehen, dass es auch im Kleinen, im teils Verborgenen einen wahren Schatz an sakraler Kunst zu entdecken gibt.

Neben den Pretiosen und Objekten der Kleinkunst sind dies vor allem die formvollendeten christlichen Figuren, jede für sich einzigartig, gemalt oder plastisch dargestellt, ihre ausdrucksvollen Gesichter, alles überzeugend in Szene gesetzt.

Sakrale Kunst in Nahaufnahme – wer kennt sie nicht, die unzähligen . . .

. . . Heiligen, Seligen und Märtyrer, derer von den christlichen Konfessionen gedacht wird, und im Besonderen jene, die von den Katholiken und Orthodoxen verehrt und als Schutzpatrone um ihr fürbittendes Gebet angerufen werden.

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Ein Allerheiligenaltar.

Es ist ein besonderes Vergnügen Mimik und Gestik dieser Heiligen zu studieren, die sich hier zur Anbetung Christi versammelt haben. Links oben im Bild entdeckt man das Jesuskind, mit seiner linken Hand zupft es am Vollbart des hl. Christophorus, der den Kleinen liebevoll auf seinen Schultern trägt.

Wer ist wer?

Einige Vertreter der erlauchten Gesellschaft können wir dank ihrer Attribute identifizieren. Höchst prominent in der ersten Reihe, die hl. Katharina von Alexandrien, gestützt auf das Schwert, mit dem sie der Legende nach als Märtyrerin enthauptet wurde. Zu ihrer Rechten, der hl. Benedikt von Nursia, in der Hand einen Becher, aus dem die Schlange steigt. Weiters – rechts vorne einander zugewandt – der Apostel Petrus mit dem Schlüssel und Dionysius von Paris mit seinem abgeschlagenen Haupt in Händen.

Mit diesem Altar (Ausschnitt), der Gemeinschaft aller Heiligen geweiht, bietet uns die sakrale Kunst wahrlich ein Schmuckstück zur Betrachtung an. Man vermutet, dass ihn zwei Künstler geschaffen haben – angeblich haben sie sich im linken oberen Eck, versteckt hinter dem Jesuskind, mit ihrem Konterfei selbst verewigt. Der Altar wurde aus Stein mit Hilfe von Gips und Sand zusammengebaut, er wurde schließlich im Jahr 1518, am Übergang von der Spätgotik zur Renaissance, fertiggestellt.


Sie zu erkennen ist nicht schwer:

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Im ersten Bild, Jakobus der Ältere – einer der zwölf Apostel. Über seinem vermuteten Grab im Nordwesten Spaniens steht heute die Kathedrale von Santiago de Compostela, Ziel des Jakobsweges für Pilger aus aller Welt. In der Mitte, Nikolaus von Myra, um den sich eine Vielzahl von Wundern rankt, segnet die Kinder – ein großes Altarbild von Leopold Kupelwieser, dem Schutzpatron der Kirche gewidmet. Zuletzt, der in Irland geborene hl. Koloman, der auf seiner Wallfahrt nach Jerusalem als vermeintlicher Spion festgenommen und gequält wurde, und nach seinem Martyrium – der Legende nach – an einem Holunderstrauch erhängt wurde.

Fantastische Legenden und Schauergeschichten . . .

 . . . rund um die Heiligenverehrung gibt es viele. Das nachfolgende Bild entstand in der Pfarrkirche einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde. Es zeigt im Staffelschrein des Seitenaltars eine originelle Figurengruppe rund um einen Heiligen, so klein, dass man sie glatt übersehen könnte.

Und – sie gibt dem Betrachter ein Rätsel auf.

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Drei Verbrecher sind ihrem Schicksal hilflos ausgeliefert, ihre Füße sind in der Marterbank eingeklemmt. Ob der zu erwartenden Qualen flehen sie um Gnade. Bei ihnen ist Leonhard von Limoges. In seiner rechten Hand hält er eine brennende Fackel – doch nicht etwa, um die Fußsohlen der Sünder damit zu versengen, wie es damals so üblich war? Der mit gesenktem Blick hinter ihm stehende Adlatus hebt schüchtern abwehrend die Hand, man meint ihn flüstern zu hören “ . . . um Gottes Willen – nicht!“

Aber – wenn der Heilige gekommen ist um die Gefangenen zu befreien, so wie es die Legende von ihm berichtet, warum hat er dann keinen Schlüssel in der Hand?

Sie ist da, wohin man auch blickt – ihre Verehrung ist grenzenlos . . .

Ob als Skulptur, im Relief, oder gemalt – ob alleine, gemeinsam mit anderen, oder nur mit ihrem Kind – die sakrale Kunst zeigt uns die Gottesmutter als die am meisten verehrte christliche Gestalt.

Wir sehen sie als Kind, als verträumtes Mädchen, sogar als junge Frau in guter Hoffnung. Diese Andachtsbilder wecken in uns ein Gefühl der Verbundenheit. Insbesondere das Bildnis der schwangeren Maria (Maria gravida, 1657) offenbart die Mutter des Sohn Gottes als Vorbild für die Schar der Gläubigen, und rückt sie somit in greifbare, menschliche Nähe.

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Wir begegnen ihr in der Krippendarstellung eines kleinen gotischen Wandreliefs, ebenso wie als annähernd lebensgroße Figur im berühmten Dreikönigsaltar (1678) von Thomas Schwanthaler. Die Anbetung des Jesuskindes durch die drei Könige ist Vorbild für viele volkstümliche Darstellungen der Geburt Jesu in den Weihnachtskrippen.

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Maria und ihrem göttlichen Kind wird in der sakralen Kunst wohl der umfassendste Stellenwert eingeräumt. Insbesondere zeigt sie sich uns als liebevolle, glückliche Mutter. Manchmal ist sogar ihre eigene Mutter, die hl. Anna mit dabei. (Heilige Anna Selbdritt, um 1520).

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Eine weitere bemerkenswerte Mariendarstellung ist die der Schutzmantelmadonna.
Maria möge mit ihrem üppig wallenden Mantel (meist in blauer Farbe) die Schar der Gläubigen, Ordensmitglieder, oder Angehörige des Klerus unter ihren besonderen Schutz nehmen. Das nachfolgende Bild offenbart Maria als Schutzherrin von Traunkirchen, anlässlich der Übernahme des Klosters durch die Jesuiten im Jahre 1622.

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Alle sakrale Kunst dreht sich um Ihn – Er ist der Mittelpunkt . . .

. . . des künstlerischen Schaffens, das die Menschen zum Glauben an den als Menschenkind geborenen, getöteten und auferstandenen Sohn Gottes auffordert.

Manchmal lässt sich ein Porträt von ihm entdecken, oder eine szenische Darstellung seines Wirkens, wie hier unter den Fischern auf dem See Genezareth. Besonders berührend ein Bild vom letzten Abendmahl mit seinen Jüngern – links vorne Judas, der Verräter – faszinierend der stechende, gierige Blick seiner dunklen Augen. In seiner rechten Hand hält er den Beutel mit den dreißig Silberlingen, er ist in Gelb gekleidet, in einer Farbe, die gerne mit Neid und Verrat in Verbindung gebracht wird. Ihm zugewandt, die Hand in die Schüssel tauchend, erkennen wir Petrus, welcher Jesus dereinst verleugnen wird . . .

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Im Fokus der Ars Sacra steht jedoch die Passionsgeschichte Jesu – in der Freskomalerei, auf Gemälden, in Stein-, Bronze-, oder Holzskulpturen. Wir begegnen den Stationen seines Leidensweges hinaus aus Jerusalem auf den Hügel Golgotha, bis schließlich zum bitteren Ende in den Armen seiner Mutter, Maria gebeugt in grenzenlosem Schmerz.

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Mein Gott, warum hast du mich verlassen . . .
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Pietà – Die Gottesmutter hält ihren toten Sohn im Arm . . .

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Meinen aufrichtigen Dank an Abt Maximilian Neulinger OSB, Stift Lambach und an die Diözese Linz für die Genehmigung zu Aufnahme und Veröffentlichung der gezeigten Bilder.
Auf schriftliche Anfrage gebe ich sehr gerne Auskunft darüber, wo die Aufnahmen gemacht wurden.