Geschichten aus Afrika 13 – im Etosha Nationalpark

der Etosha NP – angeblich ein Paradies – für Tiere – oder eher für Touristen?

Seit Mittwoch, 17. Mai sind wir nun in Namibia im Etosha NP von Ost nach West unterwegs. Am Abend im Namutoni Campground, Donnerstag 18. Mai im Halali Campground, Freitag und Samstag am Okaukuejo Camp, heute Sonntag im Olifantsrus Camp.

Irgendwie passt es hier nicht.

Was wurde uns vorgeschwärmt von der Wildnis und den vielen Tieren, die hier zu sehen wären. Ein Paradies für Tiere wäre Etosha, und ein absolutes „must see“ für Touristen, die die Tiere in ihrer ursprünglichen, natürlichen Umgebung bestaunen wollten. Und erst so viele Löwen gäbe es da . . .

Einen einzigen Löwen in Damenbegleitung können wir kurz sehen. Die beiden Tiere werden bei ihrem Stelldichein offenbar aufgescheucht von den vielen Autos, die alle stehenbleiben, ja – und wir sind auch dabei, denn die Straße ist vollkommen verstellt, man kommt gar nicht vorbei.

Bestaunen kann man hier vor allem gemietete Toyota Geländeautos, die wie verrückt die Schotterpisten entlang rasen, Staubwolken hinter sich lassen, und ganz sicher alles, was an tierischen Bewohnern da ist, verschrecken und ins Hinterland vertreiben. Die Straßen sind meist breite Waschbrettpisten, das gibt den 4×4 Piloten eine tolle Rennbahn zum Austoben ihrer Fahrkünste. Autobusse fahren hier herum, und für zahlungskräftiges Publikum werden sogar Nachtsafaris veranstaltet.

Elefanten in Not – eine brenzlige Situation

Auf der Fahrt zu unserem gestrigen Campground geraten wir in eine brenzlige Situation. Wir halten an einem Wasserloch an, um ein paar Impalas, Springböcke, und Zebras zu beobachten. Wir fahren weiter, 100 m danach kommt uns ein Safariauto entgegen, der Fahrer schreit „go, go, back . . . . wachelt aufgeregt in die Richtung aus der wir gekommen . . . elephants are coming, they´re very excited, in panic . . . „

Wolfgang im Retourgang zurück Richtung Wasserloch, sobald es geht wendet er. Die Elefanten, eine kleine Herde mit vielen Jungtieren, stürmen daher, die Alten trompeten, es staubt fürchterlich, hinunter zum Wasserloch und den Gegenhang wieder hinauf – alles Chaos, die Antilopen und Zebras fliehen ebenfalls in Panik.

Was ist los? Wie kann das passieren?

Eine Minute später ist es klar. Binnen kurzer Zeit sind wir umringt von Autos, eine wilde Horde von Geländewägen, vielleicht ein Dutzend von ihnen, und jeder will nach vorne in die erste Reihe. Her mit der Kamera, vorne drauf ein 800er Tele oder mehr. Wohl endlich „action erleben“, ein Tierspektakel – ein echtes Abenteuer, über das man dann daheim ausschweifend berichten kann – ein böser Kommentar, ich weiß.

Und wir sind auch da, mittendrin. Auch wir sind in den Etosha Park gekommen, um Tiere zu sehen. Auch wir möchten sie fotografieren. Ein Auto mehr, das ihren Lebensraum mit Staubwolken, Abgasen und Lärm beeinträchtigt.

Das stimmt uns im Nachhinein sehr nachdenklich.

Wir schauen dass wir wegkommen.

Geschütztes Wildtierparadies oder Schaubühne für den Massentourismus

Das Problem ist, sobald die Touristen im Auto (und Aussteigen ist hier in Etosha wie on allen anderen Wildparks strengstens untersagt) ein Tier sichten, bleiben sie stehen. Da so viele Autos unterwegs sind, bleiben diese natürlich auch dort stehen um zu schauen, was es denn da zu schauen gibt. Da kommt ganz schnell ein Stau von heulenden Motoren zusammen, der die Tiere dann in Panik versetzt und vor sich hertreibt.

Hier in Etosha erleben wir das erste Mal die negativen Auswüchse des Safari – Massentourismus. Wie wird es weitergehen? Im Augenblick ist Nebensaison, wie mag es hier zur Hauptsaison zugehen? Allein die Dimension der vier großen Campingplätze im Etosha Nationalpark lässt erahnen, was dann los ist, wenn noch mehr erlebnishungrige Touristen den Park überfallen.

Wir sind beide ziemlich bedrückt ob dieses Erlebnisses.

Etosha und seine Tiere früh am Morgen

Zurück zu den Tieren. Sehr zeitig in der Früh, die so mancher Safaritourist nach durchzechter Nacht noch im Schlafsack verbringt, kann man sie mit viel Glück ungestört beobachten.

Fressen, rumtoben, rangeln, oder doch mal ausruhen – die Zebras sind heitere Gesellen. Auch die Springböcke nützen die frühe Morgenstunde zum Grasen.

Eine Gruppe von Gnus liegt gemütlich am Straßenrand. Sie schauen aus wie wilde Teufel, aber wir erleben sie als ganz harmlos.

Wenn man ihnen nicht zu nahe kommt, bleiben sie friedlich liegen und schauen einfach nur neugierig was da so abgeht.

Die Warzenschweine. Das sind vielleicht lustige Kerle. Sie knicken den Vorderlauf ein und „knien“ beim Fressen, damit sie mit ihrer Schnauze und den großen Stoßzähnen den Boden besser aufwühlen können.
Die Kleinen haben sich das schon von ihrer Mama abgeschaut.

Ob groß oder klein, Vögel gibt es viele, die mich immer wieder zur Kamera greifen lassen. Der graue Knirps mit seinem Schopf ist ein lustiger Kerl – er ist sozusagen der Wachtmeister der Savanne.

Man hat uns erzählt, dass er mit seinen charakteristischen, krächzenden Rufen die anderen Tiere warnt wenn ein Raubtier in Sicht ist. Wenn er schreit, ergreifen alle die Flucht. Er heißt hier Grey Go-away Bird.

A propos Vogel – wer weiß was das ist? Ein Baum natürlich, aber was hängt da dran?

Also, ich habe gelesen, das geht so:
Am Anfang ist da ein kleiner hübscher Vogel der sein Nest bauen möchte. Nicht etwa in einer Astgabel, oder einer Höhle in einem Baumstamm. Nein, er baut sein Nest möglichst freihängend, damit sein Nachwuchs gut geschützt ist.

Es sind die Webervögel, die ihre Nester so bauen.

Es gibt viele Arten von ihnen, das Bild zeigt einen von von ihnen. Ich habe ihn lange beobachtet. Unermüdlich schafft er getrocknete Grashalme herbei und flicht sie kunstvoll zu einem Nest – mit zwei Ausgängen.

Es kann sein, dass mehrere Vogeleltern sich für ein und denselben Baum entscheiden.
Viele Jungfamilien schließen sich dann zu einer Wohngemeinschaft zusammen, die Nester „wachsen“ zusammen und der Baum sieht am Ende so aus.
Von unten kann man gut die Einfluglöcher sehen. Ein beeindruckendes Beispiel von Architektur in der Natur, nicht wahr?

die letzte Etappe im Etosha Nationalpark

Die Strecke von Okaukuejo nach Olifantsrus ist über 100 Kilometer lang. Könnt Ihr Euch vorstellen, etwa 85 km davon auf dieser Waschrumpel zu fahren?
Rüttelnde Erinnerungen an die Kjölur und die Sprengisandur in Island kommen auf. Vorsicht ist da geboten, bei zu hohem Tempo verlieren die Räder schnell die Bodenhaftung.

Gezwungenermaßen sehr langsam zu sein gibt uns aber auch wieder Gelegenheit, den einen oder anderen Parkbewohner zu entdecken. In der Mittagszeit liegen die Tiere oft nur da und ertragen die gnadenlose Hitze, so gut es eben geht. Vereinzelte Bäume sind willkommene Schattenspender.

Die großen Salzpfannen in Etosha vermitteln endlose Weite. Die heiße Luft flirrt, der Horizont verschwimmt, ein scharfes Bild ist unmöglich.

Ja also, das Rumpeln zeigt Wirkung. Am Campground angekommen wollen wir nach dieser Fahrt von fast vier Stunden – weil schneller kann man da einfach nicht fahren – erst mal ohne Gedröhne und Poltern und Schupferei still sitzen und kaltes Wasser aus der Kühlbox genießen.

Aber, was ist jetzt wieder los – die Kühlbox lässt sich nicht zurückschieben.
Durch die Rüttlerei hat sich eine selbstsichernde (!) Schraubmutter der Kühlschrankschiene gelöst, der Bolzen steckt jetzt hoch und blockiert die Arretierung.

Statt gemütlichem Sitzen heißt es:

alles muss raus, der Mauserich muss rein – dort, wo normalerweise die Schublade ist – den Bolzen wieder anbringen, und gleich die anderen drei fest anziehen (auch diese sind schon locker).

Wir nehmen es mit Humor.

Wie schön, dass es immer was zu tun gibt.