Geschichten aus Afrika 17 – alleine im Kaokoland

quer durchs Kaokoland in großer Einsamkeit- Begegnungen mit den Himba

Samstag, 27. Mai: Noch vor Sonnenaufgang fahren wir los. 191 Kilometer Sand- und Steinwüste im Kaokoland liegen heute vor uns.

Aha – bitte wo ist hier die Fahrbahn? Die ersten Kilometer nach Opuwo sind noch eine gut fahrbare Schotterstraße, ab der ersten Abzweigung wird schnell klar, wie die weiteren Fahrbedingungen sein werden.

Jede Menge Autoleichen am Straßenrand.

Wer hier verunglückt kann nur hoffen, dass er selbst geborgen wird, das Auto bleibt liegen, findet hier seine letzte Ruhestätte.
Was noch brauchbar ist wird ausgeschlachtet.

Wir sind froh unseren Mitsubishi zu haben, auch wenn er in diesen Breitegraden ein Exot ist. Und seit dem Wasserloch mit den Elefanten springt der Motor jedesmal an, ganz brav, als wäre nichts gewesen . . .

In der Folge eine schöne, abwechslungsreiche Fahrt über Stock und Stein, wir sind mutterseelenalleine unterwegs.

Laut Karte sollten irgendwo hier ein paar Hütten stehen, aber wir sehen sie nicht. Da taucht plötzlich dieses Himba Mädchen auf. Mit ihrem tollen hairstyling posiert sie vor unserem Auto und verlangt unmissverständlich ein Bonbon.

Abends schon mitten im Kaokoland. Am Marble Camp, einer aufgelassenen Mine finden wir einen Platz für die Nacht. Siebeneinhalb Stunden haben wir für die fast 200 km gebraucht, der Dieselverbrauch im Schnitt etwas über 16 Liter, das passt.

Es gibt hier einen Wasserhahn und primitive Duschen. Während ich das Abendessen richte fällt mir ein Kind auf, das ein paar Meter entfernt wie angewurzelt steht und uns beobachtet. Ich winke, zögernd winkt der kleine Bub zurück. Er ist vielleicht sechs, sieben Jahre alt. Der magere Körper trägt nur einen Lendenschurz, überall Staub auf der tiefschwarzen Haut, Fliegen in seinem Gesicht. In seiner Hand eine PET Flasche, die er offensichtlich zuvor am Wasserhahn angefüllt hat.

Allmählich scheint er Vertrauen zu gewinnen, und ich darf mich ihm nähern. Ich gebe ihm ein paar Äpfel, Bonbons und eines der Zuckersäckchen, die ich für die Himba Mamas vorbereitet hab. Fragend schaut er mich an, wie ich versuche ihm klar zu machen, er möge die Sachen seiner Mama bringen. Dann wiederholt er ein paar Mal „Mama, Mama . . .“, wendet sich ab, und geht. Nach einigen Metern dreht er sich um und winkt mir noch einmal zu.

Ich setze mich und krieg das heulende Elend. Die kurze Begegnung mit dem Kind macht mich tief betroffen.

Nicht, dass ich glaube, es ginge den Menschen hier im Kaokoland mit unserem westlichen Wohlstand so viel besser. Nein – sicher nicht. Aber ein Brunnen, medizinische Grundversorgung, und die Möglichkeit eine Schule zu besuchen, würde die Lebensqualität der Himba ein wenig zum Guten wenden.

der Weg wird schwieriger, Auto und Belegschaft werden zunehmend gefordert . . .

Sonntag, 28. Mai: Über den Joubert Pass nach Norden. Für geschätzte 100 Meter Geröll steil bergauf brauchen wir eine dreiviertel Stunde, das Auto (mit Untersetzung und allen Sperren) frisst zeitweise so viel, dass mir ganz schwummrig wird. Mit Bauchweh erinnere ich mich an das abendlich Gespräch mit dem Kaokoland Kenner.

Sind da Löcher in der Dieselleitung? Zum Fotografieren bleibt kein Nerv, ich bin damit beschäftigt, Steine in Rinnen zu werfen und Stufen zu legen, was sich freilich als ziemlich sinnlos erweist, 3,6 t Gewicht und die Kraft der Räder schieben sie einfach weg.

das Marienflusstal – am nördlichen Ende de Region Kaokoland

Zu Mittag sind wir an der berühmten roten Tonne. Einst für Treibstoffnachschub genützt, ist sie jetzt nur mehr ein Orientierungspunkt am südlichen Ende des Marienflusstales.

17 ° 45´ südliche Breite. Kein Wunder, dass es so heiß ist. Wir sind dem Äquator so nahe. Ihr denkt – Klimaanlage, kein Problem? Mitnichten, die Klimaanlage verbraucht zu viel Sprit, und wir sind eh so knapp – also die einzige Notlösung heißt: Fenster aufreißen (spätestens um halb zehn), was ja wirklich ein bisschen hilft.

Aber wehe das Auto bremst gach ab. Es folgt eine Sandwolke von hinten – ach wie angenehm, zeitweise ist das Display vom Navi nicht mehr abzulesen . . .

Wie wir da so stehen und den historischen Punkt, der auf jeder Landkarte eingezeichnet ist, beäugen, tauchen plötzlich zwei Himba Mädchen auf. Sie haben Handarbeiten anzubieten. Wir kaufen ihnen ein Püppchen ab, es wird in Zukunft unser Kaminsims bewohnen.

Wir bedanken uns auch mit einer Handvoll Bonbons, ein paar Äpfeln, und einem Säckchen Zucker.
Sie schauen uns lange nach und winken. Zwei kleine Mädchen, alleine, in einer Wüste aus Sand und Stein.