Geschichten aus Afrika 12 – schon wieder eine Lektion

wenn man etwas nicht glauben will, muss man es eben auf die harte Tour lernen.
Schon wieder eine Lektion.

Sonntag, 14. Mai: Die erste Lektion an diesem Tag.

Also, es ist schon blöd, wenn etwas Blödes passiert, nicht wahr?

Sollte etwas Blödes einem Mann wie meinem Mann passieren, ist es besonders blöd, nicht wahr?

Wenn etwas Blödes meinem Mann passiert, der von sich behauptet, so etwas Blödes würde ihm niemals passieren, dann ist das schon zu blöd um wahr zu sein, nicht wahr?

Sollte jedoch so etwas Blödes einem Mann wie meinem Mann passieren, der aber – in vielleicht weiser Vorausschau und durchaus vernünftiger Selbsteinschätzung – Vorkehrungen trifft – sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass eben dieses Blöde doch passiert – also Vorkehrungen, die das Schlimmste dann doch verhindern, dann kann man ihm überhaupt nicht böse sein, dass er das Blöde hat passieren lassen, sondern man setzt sich mit ihm auf ein Bierchen zusammen, genießt den afrikanischen Sonnenuntergangshimmel, und freut sich gemeinsam, dass bei dem Blödsinn der passiert ist, letztlich nicht mehr passiert ist.

Aber – alles der Reihe nach.

Via B8 fahren wir frohgemut nach Rundu, dort soll ein Büro der Telefongesellschaft sein, wo ich endlich eine namibische SIM Karte zu erhaschen hoffe. Während ich in die Tiefen eines kleinen Shopping-Centers abtauche um das Geschäft zu suchen, bleibt der Mauserich erstmal beim Auto und passt auf.

Da ich lange weg bin, steigt er schließlich aus (bei der Hitze im Auto so lange auf die Zeltfrau zu warten . . . ) und beschließt, die Zeit vernünftig zu nützen und beim Geldautomaten Cash abzuheben. Ein freundlicher junger Mensch bietet ihm seine Hilfe an: „You – international?“, und er erklärt ihm, wie er da tun muss. „Let me help you, Sir!“ Und der junge Mann steckt die Kreditkarte in den Schlitz.

Scheinbar.

Als der, mit dem Geldautomaten nicht vertraute, dankbare Tourist Mauserich den Code wie von dem Helfer gefordert eingibt und die erhofften Geldscheinchen aber nicht erscheinen, drückt er auf cancel – aber die Karte kommt nicht wieder, und der hilfsbereite junge Mann ist plötzlich auch nicht mehr da, sprich – längst über alle Berge – und mit ihm Mauserichs Kreditkarte.

es ist nicht zu fassen – die Kreditkarte ist weg

Das gibts doch nicht. Jetzt hat ihm tatsächlich ein Gauner die Karte geklaut. Sofort zum Auto – Satellitentelefon aus der Halterung – Kopie der Kreditkarte aus dem Versteck holen – die vorsorglich eingespeicherte SOS PayLife Nummer anrufen – das Tonband am anderen Ende der Leitung fragt freundlich: „Sie wollen wirklich Ihre Karte sperren? Sagen Sie nochmals Karte!“ – Wolfgang: „KARTE“ – im nächsten Augenblick meldet sich eine beruhigende menschliche Stimme, die sofort nach Durchsage von Karteninhaber und Kontonummer die erlösenden Worte spricht: „Herr Mayerhoffer – Ihre Karte ist gesperrt“

Eine Lektion der harten Art. „Nein – wie kann das mir passieren, wie kann ich so deppert sein“ – Meines Mannes Selbstbewusstsein ist ordentlich angeschlagen. Die Kontrolle der Kontobewegungen lässt uns aufatmen, unsere Bankfrau bei der Hypo erzählt uns am nächsten Tag, es hätte etliche Kontozugriffsversuche gegeben, Gott sei Dank vergeblich, der Dieb war zu langsam – oder – der Mauserich mit der Sperre war schnell genug.

Also, da haben wir was dazugelernt. Man hat uns gewarnt – in Namibia wird geklaut, passt auf. Auch Korruption ist in Namibia ein Thema, im Gegensatz zu Botswana, wo die Korruption aufs Schärfste bekämpft wird – wir haben es nicht geglaubt.

Abends im Hakusembe Camp und Lodge. Wir hupfen in den Swimmingpool, kühlen den heißen Kopf ab, und mein Mann arbeitet daran, sein angeknackstes Ego wieder geradezurichten.

Am nächsten Tag müssen wir noch eine Lektion lernen.

Die Maul- und Klauenseuche ist hier im Herzen von Afrika ein Thema. Vetinary fences sind quer durchs Land errichtet worden, um die großen Viehherden der Bauern vor tödlichen Infektionswellen zu schützen. Es zeigt sich aber immer wieder, dass diese Zäune das Virus nicht aufhalten können. Vielmehr bewirken sie, dass die Wildtiere auf ihren Wanderwegen eingeschränkt werden, und in der Folge auf ihrer Suche nach Wasser und Futter an den unüberwindbaren Zäunen tragisch verenden.

Traurig muss man die Auswirkungen dieser Fehlstrategie zur Kenntnis nehmen. So gibt es immer wieder Kontrollposten die schauen, ob man rohes Fleisch dabei hat. Bisher hatten wir an den Kontrollstellen immer freundliche Menschen, die uns einfach durchgewinkt haben.

Geistig immer noch mit der Aufarbeitung des geschehenen Blödsinns beschäftigt, nähern wir uns auf dem Weg Richtung Süden wieder einmal einem Kontrollposten.

und noch eine Lektion – wir müssen noch viel lernen

Der Schranken bleibt unten, die uniformierte Respektsperson nähert sich der rechten Autotüre.

Diesmal zieht der Schmäh mit – eh schon wissen . . . wrong side – right woman . . . leider gar nicht. Der Officer geht mit eiserner Miene zum Heck des Autos – „Open!“ Wolfgang öffnet die Heckklappe. Der Officer sieht den Kühlschrank – „Open!“

Zielsicher schnappt er sich das Einkaufssackerl mit den T-Bone Steaks, die ich eigentlich an diesem Abend als Trostpflaster für das geknickte Mannes-Ego grillen wollte. Na bitte, es geschieht uns recht. Man hat uns gewarnt und gesagt, rohes Fleisch könne man schon schmuggeln, man müsse es halt gut verstecken. Aber wir haben es nicht geglaubt, wollten bewusst nichts Unrechtes tun. Wir haben eben auf das bisher immer freundliche Entgegenkommen der Kontrollorgane, und meines Meisters Charme vertraut. Ziemlich naiv.

Ob unsere Steaks nun tatsächlich vernichtet, oder gar auf des Officers Grill enden würden, ist uns keinen weiteren Gedanken mehr wert. Was für ein Tag . . .

eine letzte Lektion für diesen Tag . . .

Und überhaupt ist mir eh schon alles wurscht, denn der „Super Campground“ – den uns ein deutsches Pärchen für den heutigen Abend wärmstens empfohlen hat – erweist sich als steinige Hanglage, eine winzige, schiefe Fläche, mit vielen, extrem steilen Stufen zum Klohäuschen. Wir brauchen locker eine halbe Stunde, um das Auto absturzsicher, und halbwegs waagrecht einzurichten.

Vielleicht ist auch das noch eine Lektion zum Drüberstreuen: Höre und erwäge mit Bedacht und einem gesunden Maß an Skepsis die gut gemeinten Ratschläge anderer Reisender. Was für diese perfekt ist, muss für dich selbst nicht unbedingt passen . . .

Die Moral der Belegschaft und das Auto in bedenklicher Schieflage – auch schon egal . . .

Dann auch noch Regen in der Nacht. Was ist jetzt los – ist das Wetter plötzlich wieder ein Thema? Wenigstens ist es nicht mehr so heiß, aber unangenehm feucht-warm . . .

gut versteckt in einem HIDE – Fotografie auf Erdbodenniveau

Dienstag, 16. Mai: In der Nacht hat sich der Ärger über die gestern gelernte Lektion mit dem Kreditkartediebstahl einigermaßen gelegt. Es hätte ja wirklich schlimmer ausgehen können, und wir haben ja eh noch eine zweite Karte zur Verfügung. Noch einmal wird so ein Blödsinn wohl nicht mehr passieren.

Also, auf eine gemütliche Fahrt Richtung Etosha Nationalpark. Am Abend kampieren wir im Onguma Private Campground und Lodge, knapp außerhalb der östlich Parkgrenze.
Wir spendieren uns einen Guide, der uns zu einem HIDE bringt. Mit dem eigenen Auto darf man hier nicht fahren. In einem HIDE kann man wie in einem Bunker versteckt auf Erdbodenniveau die Tiere beobachten und fotografieren – so sie denn zum angelegten Wasserloch kommen. Na ja, viel rührt sich nicht, aber es ist trotzdem aufregend.

Ein Kudu Weibchen schaut vorbei.

Ein Riesen Trapp zeigt sich. Unser guide erklärt uns – dieser scheue und übervorsichtige Vogel, den wir auch schon in der Kalahari gesichtet haben, hat an die zwölf Kilo, kann aber trotzdem gut fliegen.

Am Rand des künstlich angelegten Wasserlochs finden sich die ständig streitenden, blauköpfigen Perlhühner ein. Hier ist wirklich Platz, Wasser und Futter für alle da, trotzdem gibt es unter diesen geflügelten Schönheiten ständig Kampfgetöse. Warum eigentlich? Auch unser Guide weiß keine Antwort.

Die kleine Taube vis à vis würdigt die kreischende Hühnerschar keines Blickes. Mit Würde stelzt sie das Ufer entlang, und pickt sich hin und wieder ein Häppchen aus dem feuchten Boden.

Viel zu schnell geht hier die Zeit vorbei. Erst nach Sonnenuntergang kommt noch ein scheues Impala Böcklein ans Wasser, um seinen Durst zu stillen.

Ich empfinde es als Geschenk, den Tieren hier so nahe sein zu können – ohne sie zu stören oder zu bedrängen.