Geschichten aus Afrika 29 – wie wird das Wetter?

nach einer wochenlangen Reise ohne Wetterbericht – wie wird es denn, das Wetter?

Wir sind am Ende der D 707, Namibias – angeblich – schönster Route, angekommen. Das Straßenschild weist nach rechts, in Aus wollen wir heute Nacht unser Zelt aufschlagen. Nomen est Omen? Wann wollen wir denn zusammenpacken – und dafür unumgänglich die Frage – wie wird eigentlich das Wetter in den nächsten Tagen?

Wichtig ist, dass das Zelt vollkommen trocken eingepackt wird. Denn, sollten wir es nass zusammenlegen müssen, würde der Stoff auf der wochenlangen Schiffsreise zurück nach Europa ganz sicher kaputt gehen.

Also konsultieren wir seit langem wieder einmal die Vorhersage fürs Wetter.
Aha – also richtig gut schaut es nicht aus. Im Süden waschelt es bereits, wie lange wird es für uns noch trocken bleiben?

Wir beschließen folglich noch einen Tag bis nach Aussenkehr am Südende des Richtersveld NP zu fahren, aber dann, nach fast drei Monaten, wird zusammengepackt. Folglich ist Schluss mit dem Schlafen im Zelt.

Das Herz wird uns schwer, wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann wie es ist, ein festes Dach über dem Kopf zu haben, keine Tierlaute mehr in der Nacht zu hören, und in einem richtigen Bett zu schlafen.

auf Sand und Schotter – dem Oranje River entlang . . .

Im Richtersveld Nationalpark sind wir ein letztes Mal auf Sandpisten und Schotterwegen unterwegs, zwischen hohen Bergen, und immer wieder entlang des Oranje Rivers. Dieser Fluss hat eine Länge von über 2000 Kilometern.

Er entspringt in Lesotho, fließt quer durch die Republik Südafrika und bildet im westlichen Abschnitt bis zur Mündung in den Atlantik die Grenze zwischen Namibia und der Republik Südafrika.

Einmal führt die Route durch eine Schlucht, am Hang entdecke ich ein kleines Köcherbäumchen.

Das Gegenlicht lässt seine trockenen Zweige richtig strahlen.
Der Abschied von dieser faszinierenden Landschaft fällt uns schwer.

Eigentlich würden wir gerne noch hier bleiben, so ein friedliches Flusstal. Wo könnte man hier wild kampieren?

Wie wir ein paar Tage später erfahren, würde sich das aber nur bei tagelang trockenem Wetter empfehlen. Im Falle schwerer Niederschläge verwandelt sich das ruhige Wasser in einen reißenden Fluss, der gnadenlos alles mitschwemmt.
Das enge Tal mit seiner gut befahrbaren Sandstraße wird dann zur Falle für jeden, der ohne Wettervorhersage losgefahren ist.

süße Früchtchen – mit bitterem Beigeschmack

Wir verlassen den Nationalpark, und siehe da, nach wenigen Kilometern schon zeigt sich ein ganz anderes Bild. In dem breiten Tal von Aussenkehr erstrecken sich Obstplantagen so weit das Auge reicht. Was für ein Gegensatz. Hier herrschen beste Bedingungen für riesige Obstkulturen – mildes Klima mit viel Sonnenschein, freundliches Wetter, bester Boden, und viel, viel Platz.

Rebstöcke in frischem, knalligem Grün zwischen nackten, felsigen Bergen mit ihren Schotterhängen.
Weintrauben werden hier angebaut, süß, knackig, kernlos, grün, gelb, dunkelblau, und rosafarben.

Sie werden tonnenweise nach Europa exportiert, wo wir sie in allen Supermärkten kaufen können. Ich gestehe – ich liebe diese Weintrauben und genieße sie daheim mit Vergnügen.

Das nächste Bild aber ist bedrückend.

Hier hausen die Arbeiter, die auf den Traubenplantagen für einen Hungerlohn schuften, unter unmenschlichen Bedingungen. Sie haben keinen Strom, keine Sanitäranlagen, kein Trinkwasser. Alles Wasser das sie brauchen holen sie mit Kübeln vom Fluss.

Ein schreckliches Bild, nicht wahr? Angeblich sind es an die 16 000 Menschen die hier leben müssen.

Ziemlich ernüchtert und betroffen finden wir einen Stellplatz nahe einer Lodge, direkt am Fluss.

Als wollte uns der wunderbare Sonnenuntergang am Oranje die menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Arbeiter hier einfach vergessen machen.

jetzt heißt es zusammenpacken – morgen wird das Wetter kippen.

Sonntag, 25. Juni: Wir schlafen eine letzte Nacht im Zelt, am nächsten Tag wird es zusammengepackt, und danach übersiedeln wir in ein Chalet der Lodge.

Was für ein komisches Gefühl wieder in einem Bett zu schlafen – nach 88 Tagen Nachtruhe auf dem Autodach.

Auch der Reservekanister hinter dem Kühlschrank im Canopy wird herausgewurschtelt. Er hat ausgedient und wird in den Tank umgefüllt, ab jetzt gibt es genug Tankstellen.

Es war immer so beruhigend ihn noch voll zu wissen.

Wer mit einem Zelt unterwegs ist tut gut daran, rechtzeitig Erkundigungen über das Wetter einzuholen.

Also studieren wir brav den Wetterbericht. Die Fahrt nach Kapstadt ist noch weit, der Flug zurück nach Europa ist für den 03. Juli gebucht. Wir dürfen kein Risiko eingehen uns zu verspäten.

Dieses Tiefdruckgebiet hat uns Regen versprochen, und so kommt es auch. In der zweiten Nacht beginnt es heftig zu regnen.
Es ist gut, dass alles trocken verpackt ist.

na – da haben wir aber viel Glück . . .

Dienstag, 27. Juni: Es schüttet. „Komm, wir müssen losfahren, wer weiß, wie sich das Wetter entwickelt.“

Beim Grenzübertritt Vioolsdrift an der N 7 nach Südafrika gibt es eine Schrecksekunde. Die weibliche Respektsperson hinter der Glasscheibe (mit Pudelmütze und Anorak weil es so kalt ist) entdeckt mit gestrenger Miene, dass die in unseren Pässen eingetragene Aufenthaltsdauer für Namibia längst abgelaufen ist, wir haben sie um fast zwei Wochen überschritten.

Oh weh – da hätten wir besser aufpassen sollen.

Mein Mauserich fasst Mut, packt seinen ganzen Charme zusammen, lächelt mit demütiger Unschuldsmiene und überzeugt die strafend dreinschauende Respektsperson, dass wir dummen Greenhorns einfach nicht aufgepasst hätten, weil wir so fasziniert und begeistert gewesen wären von ihrem . . . wonderful and amazing home country . . . und den . . . lovely, tolerant and helpful people . . . denen wir begegnet wären.

Na, da haben wir aber Glück, denn diesmal sind wir an die richtige Respektsperson geraten.

Die Beamtin fühlt sich sichtlich angesprochen und rückt sich in ihrem Drehsessel zurecht.

Ich bin ganz baff wie er das hinkriegt – einfach umwerfend.

Die Respektsperson kann gar nicht anders. Sie waltet ihres Amtes, stempelt uns aus und lässt uns gnädig die Grenze passieren. Sie wünscht uns sogar noch eine schöne Reise.

und gleich noch einmal Glück – großes Glück . . .

Es regnet ohne Unterlass, überschwemmte Felder sind zu sehen, braune Bäche, wo sonst eigentlich Sandstraßen sind.
Wir übernachten im kleinen „Cosy Cottage“ in Kamieskroon. Na, recht cosy ist es nicht, im Gegenteil, es ist saukalt. Überall Kondenswasser im Raum. Auch das Feuer im offenen Kamin hilft nicht, bei den Fenstern zieht es gnadenlos herein. Wir verheizen alles Holz das vorhanden ist, dann nichts wie ins Bett. Oh, ich liebe meinen Daunenschlafsack . . .

In der Nacht schüttet es gewaltig, das Häuschen ist mit Wellblech gedeckt, was für trommelnde Unterhaltung sorgt. Im Schlafzimmer rinnen am Kopfende des Bettes Wasserstreifen die Wand herunter.

Am Morgen fahren wir früh los. Yzerfontain, ein mondäner Badeort am Atlantik, etwa 90 Kilometer nördlich von Kapstadt, ist unser Ziel. Als wir am Abend endlich da sind lesen wir in den Nachrichten, dass die asphaltierte N 7, auf der wir tags zuvor gefahren sind, knapp nach der namibischen Grenze bei Vioolsdrift überflutet ist und schwer beschädigt wurde. Die Straße bleibe wohl auf längere Zeit gesperrt, denn weitere massive Regenfälle würden erwartet.

Na, da haben wir aber Glück. Eine lokale Umleitung gibt es nämlich nicht, denn alle anderen Straßen sind gravel roads und versinken nach den massiven Regenfällen im Schlamm. Wer sich da nicht rechtzeitig auf den Weg macht, bleibt hängen, so einfach ist das. Flugzeuge warten nicht auf verspätete Passagiere.

Noch etwas haben wir gelernt: Dass es regnen würde, war vorhergesagt. Aber das Ausmaß der Regenfälle war so nicht angekündigt. Offenbar hat auch der Wetterdienst für Südafrika die bedrohliche Wetterlage unterschätzt.

Wir sind froh, dass wir hier am Atlantik wohlbehalten angekommen sind.