Geschichten aus Afrika 14 – ein kleiner Abschied

Exit Etosha – ein Abschied mit gemischten Gefühlen

Mit dem Verlassen des Etosha Nationalparks lassen wir nun die großen Schutzgebiete für Wildtiere hinter uns. Ich gestehe, ich empfinde das doch als einen kleinen Abschied.

Ganz ehrlich gesagt, die Anspannung in der Begegnung mit ihnen, das mulmige Gefühl einem Löwen in die Augen zu schauen, oder die Stoßzähne einer Elefantenkuh auf Armlänge zu erspähen, waren zu Beginn unserer Reise schon – sehr – deutlich – spürbar. Mittlerweile überwiegt die Freude, mit kluger Vorsicht und gebührendem Respekt. Und wir sind gespannt, welche Vertreter der afrikanischen Tierwelt uns in den nächsten Wochen begegnen werden.

Aber wir freuen wir uns nun im Besonderen darauf, mit dem Nordwesten Namibias eine ganz andere Region für uns zu entdecken, in der nicht wie bisher die Tiere, sondern die Landschaft und ihre Menschen – zumindest in unserer Fotografie – künftig die Hauptrolle spielen werden.

die letzten Kilometer – eine schnurgerade Rumpelpiste

Montag, 22. Mai: ein kleiner Abschied. Auf den letzten Kilometern vor dem Galton Entrance Gate kreuzt noch einmal ein gewaltiger Elefantenbulle unseren Weg.

Das Größenverhältnis der beiden Tiere könnte nicht unterschiedlicher sein. Spät am Nachmittag begegnet uns noch dieser Winzling.

So ein kleines Böcklein habe ich bis jetzt nicht gesehen. Das Tier ist kaum größer als unser Kater Charly. Es könnte ein kleiner Steenbok sein.

Keine fünfzig Meter weiter sitzt einer meiner Savannenlieblinge. Als wir uns langsam nähern, steht er auf, läuft aber nicht weg. Was würde wohl passieren, wenn die beiden Kleinen einander begegneten?

Endlich am Gate. Zwei Personen in Uniform winken und deuten uns in der Nebenspur anzuhalten. Wir wissen, dass es nicht erlaubt ist rohes Fleisch oder rohe Eier aus dem Park auszuführen. Und da die Erfahrung mit den konfiszierten T-Bone Steaks noch nachwirkt, denken wir über den Transport jeglicher kulinarischer Leckerbissen gewissenhaft nach. Also haben wir nach der Kühlschrankschienenwiederbefestigungsaktion unsere Fleischvorräte vorsorglich verkocht und aufgegessen, und seit dem Eierschlamassel in der Kalahari gibt es sowieso nur mehr gekochte Eier im Kühlschrank.

Uns allseits unschuldig wissend halten wir also guten Mutes an. Der Officer nickt gnädig, ist freundlich, und Mauserichs Schmäh mit „ . . . wrong side – right woman . . .“ funktioniert perfekt. Der Officer haut sich voll ab und seine blitzenden Zähne strahlen mit der Sonne um die Wette.

. . . aber nicht immer funktioniert charmanter, oberösterreichischer Schmäh . . .

Während der Kollege mit dem heiteren Gemüt herzlich lachen kann, sind wir bei der Madame Officer an die Falsche geraten.

Nicht der Hauch eines Lächelns entkommt ihr. Ihre geringe Körpergröße (sie geht dem Mauserich grad bis zur halben Brust) macht sie durch schneidende Tonschärfe und passende Lautstärke wett. Wahrlich – die Dame versprüht Machtbewusstsein, und an geballtem Selbstbewusstsein mangelt es dieser Respektsperson auch nicht. Sie verlangt das permit für den Park, die Bestätigung also, dass wir die Parkgebühren entrichtet haben. Dieses Papier haben wir nicht, irgendwann in den letzten Tagen haben wir die ganze Zettelwirtschaft, die sich im Laufe der Zeit einfach im Beifahrerfußraum ansammelt, beseitigt.

Woher sollen wir auch wissen, dass wir diesen Zettel aufheben müssen, niemand hat uns gesagt, dass dieser Schein bei der Ausfahrt verlangt würde. Ohne Bezahlung kommt man ja gar nicht durch das Entrance Gate in den Park hinein.
Also, was tun? Der Mauserich folgt der strammen Respektsperson ins Office. Ich höre laute Stimmen, sehr laute Stimmen, ein hin und her, und die Dynamik des Wortgefechts ähnelt bald dem Kampfgetöse rivalisierender Katzen.

Es dauert, weil – wie wir gelernt haben – schnell geht hier gar nix, schließlich erscheint der Chef mit einem Lächeln im Gesicht. „Ich hab sie überzeugt, sie müsse unser Autokennzeichen doch im elektronischen Einfahrtsverzeichnis finden. Aber, ich glaub, sie weiß, dass dieses nicht funktioniert. Das ist ihr peinlich, also, sie hat klein beigegeben. Wir dürfen ausfahren.“

für den Augenblick fällt der Abschied leichter als gedacht

Sapperlot – muss das sein, so eine unerfreuliche Szene? Ist die unfreundliche Haltung der streitbaren Dame vielleicht auch ein Indiz für die Überforderung der Menschen hier, mit den Massen an Touristen zurecht zu kommen, die Jahr für Jahr über Etosha hereinbrechen?

Na ja – wir wollen der ärgerlichen Begegnung nicht zu viel Gewicht beimessen. Auf unserer bisherigen Reise sind wir – abgesehen von den hochnäsigen Toyotaleuten in Maun, dem gefinkelten Kreditkarten-Dieb in Rundu, und dem unerbittlichen T-Bone-Steak-Sackerl-Schnapper am Vetinary Fence auf ausschließlich freundliche, sehr freundliche und hilfsbereite Menschen gestoßen.

So fällt uns der Abschied leichter als gedacht, zumindest für diesen Moment.

Nicht weit vom Galton Gate können wir auf einem privaten Campground (Hobatere Roadside Basis Campsite) einen ruhigen, ebenen Stellplatz für diese Nacht finden. Tierischer nächtlicher Besuch ist hier nicht zu erwarten. Nach einer ausgiebigen Dusche richte ich ein schnelles Abendessen, und ein kühles Bierchen sorgt für gemütliche Entspannung.

als Draufgabe gibt es noch ein Erfolgserlebnis . . .

Weil noch Zeit ist und ich grad so gut gelaunt bin, unsere Brot-, Knäckebrot-, und Crackervorräte aufgegessen sind, und auch keine Aussicht besteht sie in den nächsten Tagen wieder aufzufüllen, beschließe ich Brot zu backen.

Trockengerm musste ich ja auf Mauserichs Geheiß in letzter Minute noch ins Fluggepäck packen, Mehl hab ich dann in Kapstadt gekauft. Aber ehrlich – ich hab mir nicht vorstellen können es wirklich zu versuchen. Noch dazu in seinem geliebtem Dutch Oven, dem ich doch zu Beginn glatt die Existenzberechtigung abgesprochen hab. (Mit einem zwinkerndem Auge denke ich an die gut geschulte Mitarbeiterin der Grillabteilung, die, wenn sie es drauf anlegt, einem „Grillmeister“ alles andrehen kann . . .)

Aber ich gestehe, mittlerweile habe ich meine urtypischen, altmodischen Hausfrauenbedenken über Bord geworfen und bin froh, dass wir unsere Potje (so sein Kosename) mithaben. Ich bin auch ganz gerührt, dass ich mit ihm meine Kleiderbox teilen darf . . .

Ohne Waage, einfach nach Gespür rühre ich Germ, Wasser, Mehl, und ein Haucherl Orangenmarmelade (wegen des Zuckers) zusammen – lass gehen, was auf der noch warmen Motorhaube leichtes Spiel ist . . .

Dann hinein in den Topf – Deckel schließen – unten drunter und oben drauf heiße Grillkohle . . .

. . . und nach einer Dreiviertelstund steigt uns köstlicher Duft nach frischem Brot in die Nase. Wir genießen noch ein Häppchen Käse, einen Schluck Rotwein.

Schmeckt hervorragend – passt.

„Ab jetzt, mein Liebes, bitte nur mehr Selbstgebackenes . . .“ meint der Mauserich.

Also, was so ein Potje alles kann . . .